Mit der zunehmenden Verbreitung von Künstlicher Intelligenz (KI) verbessert sich auch das Wissen der Deutschen um diese Technologie und gleichzeitig die Einstellung der Bürgerinnen und Bürger zu ihr. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Verbraucherstudie des TÜV-Verbands. Danach befürwortet eine breite Mehrheit der Bundesbürger eine Weiterentwicklung der KI in wesentlichen Bereichen wie der Industrie, der Forschung, im Gesundheitssektor und in der Bildung. Gleichzeitig beunruhigt die Bevölkerung jedoch die Sorge vor Hackerangriffen, Manipulationen oder fehlerhaften KI-Anwendungen. Deshalb plädiert eine deutliche Mehrheit der für die TÜV-Studie befragten Verbraucher für eine umfassende Regulierung dieser Technologie. Daran anknüpfend fordert der TÜV-Verband unabhängige Prüfungen für alle KI-Anwendungen mit hohem Risiko.
Zur Begründung weist der TÜV-Verband darauf hin, dass Künstliche Intelligenz zunehmend in sicherheitskritischen Bereichen zum Einsatz komme oder bei ihrer Nutzung bürgerliche Grundrechte gefährdet würden. Als Beispiele hierfür führt der Verband automatisierte Fahrzeuge, neue Methoden für die Krebserkennung, Gesichtserkennung im öffentlichen Raum oder Software-Unterstützung bei der Personalauswahl an. Das entspricht offenbar der Wahrnehmung der Bürger und dementsprechend sprechen sich in der Studie 80 Prozent der Befragten für ein Prüfzeichen für Künstliche Intelligenz aus. Dieses soll demnach von unabhängigen Stellen vergeben werden, um das Vertrauen in die Technologie zu stärken. Des Weiteren wünschen sich 79 Prozent der Befragten, dass Produkte und Anwendungen mit Künstlicher Intelligenz grundsätzlich gekennzeichnet werden sollen. Und 71 Prozent der Umfrageteilnehmer fordern eine umfassende gesetzliche Regulierung der KI-Technologie.
Immer dann, wenn die Gesundheit von Menschen oder elementare Grundrechte wie Privatsphäre oder Gleichbehandlung durch Produkte oder Anwendungen mit Künstlicher Intelligenz gefährdet würden, sei eine gesetzliche Regelung erforderlich, kommentierte der Präsident des TÜV-Verbands, Dr. Dirk Stenkamp, die Studienergebnisse. Die Gesetzgebung für eine europäische KI-Verordnung müsse jetzt zügig vorangetrieben werden und dabei seien Verbesserungen einzuarbeiten, erklärte Stenkamp. Nach Ansicht des Verbands sollten unabhängige Stellen grundsätzlich alle KI-Anwendungen mit hohem Risiko prüfen, damit deren Sicherheit gewährleistet ist.
Ein weiteres Kernergebnis der repräsentativen Studie im Auftrag des TÜV-Verbands, für die 1.000 Personen ab 16 Jahren befragt wurden, besagt, dass das Thema KI immer mehr Bundesbürgern vertraut ist. So geben in der Erhebung immerhin 95 Prozent der Befragten an, den Begriff „Künstliche Intelligenz“ zu kennen. Und jeder Zweite sei in der Lage, die wichtigsten Eigenschaften dieser komplexen Technologie gut oder sehr gut zu erklären, berichten die Verfasser der TÜV-Studie. Sie sehen darin eine deutliche Verbesserung, bedeutet doch der aktuelle Wert, gemessen an der vorangegangenen Studie des TÜV-Verbands im Jahr 2019, einen Anstieg um 13 Prozentpunkte.
Parallel zu dieser Entwicklung nahm die Gruppe derjenigen Umfrageteilnehmer, die sich weniger klar zu KI äußern konnten, im Vergleich zur vorherigen TÜV-Studie um 5 Prozentpunkte auf 42 Prozent ab. Und lediglich 11 Prozent hatten nur wenig oder gar keine Ahnung von KI.
Bemerkenswert an den Resultaten der aktuellen TÜV-Erhebung erscheint auch, dass 51 Prozent der Befragten erklärten, beim Denken an KI etwas Positives zu empfinden. Das entspricht einem Zuwachs von 5 Prozentpunkten im Vergleich zu der Studie von vor zwei Jahren. Dagegen haben nur noch 14 Prozent negative Empfindungen im Zusammenhang mit KI. Zwei Jahre zuvor lag dieser Wert mit 28 Prozent noch doppelt so hoch. Neutral eingestellt gegenüber Künstlicher Intelligenz sind demnach unterdessen 35 Prozent der Befragten, 14 Prozent mehr als bei der vorigen Umfrage. Diese Ergebnisse bringen TÜV-Chef Stenkamp zu der Einschätzung, dass die zunehmende Verbreitung der Künstlichen Intelligenz auch die Einstellung der Bürger zu ihr verbessere.
Sehr positiv steht eine große Mehrheit der befragten Verbraucherinnen und Verbraucher demnach der Weiterentwicklung von Künstlicher Intelligenz gegenüber. Dabei finden sich die Bereiche Industrie mit 73 Prozent Zustimmung, Forschung mit 69 Prozent, Gesundheit mit 66 Prozent und Bildung mit 62 Prozent ganz vorn. Immerhin 80 Prozent aller Befragten erhoffen sich durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz auch persönliche Vorteile oder Erleichterungen im eigenen Alltag. So versprechen sich 53 Prozent der Umfrageteilnehmer Zeitersparnisse aufgrund von KI, 48 Prozent rechnen mit Energieeinsparungen und 43 Prozent erwarten Entlastungen von Routinetätigkeiten.
Doch bei aller positiveren Grundeinstellung der Deutschen zur Künstlichen Intelligenz, sehen die Befragten auch Risiken im Zusammenhang mit der weiteren Verbreitung von KI. So plagt mit 66 Prozent die meisten Befragten die Angst vor Hackerangriffen, die mithilfe von KI automatisiert oder personalisiert werden. Danach folgt mit 62 Prozent die Sorge vor Massenüberwachung und 61 Prozent der Umfrageteilnehmer befürchten einen möglichen Missbrauch persönlicher Daten. Ebenfalls 61 Prozent zeigen sich beunruhigt, KI könne dazu genutzt werden, um Menschen zu manipulieren. Als Beispiele dafür werden die gezielte Verbreitung von Fake News und Filterblaseneffekte in sozialen Netzwerken angeführt.
Die Befürchtung, dass sich KI-Systeme bei sicherheitskritischen Anwendungen als fehleranfällig erweisen könnten, sei mit 60 Prozent ebenfalls weit verbreitet, fügt TÜV-Chef Stenkamp hinzu: etwa in Form von fehlerhaften KI-Systemen, die beim automatisierten Fahren verheerende Folgen verursachen. Gerade beim autonomen Fahren wird die Skepsis vieler Verbraucher gegenüber KI sehr deutlich. Denn laut der Studie sind derzeit erst 39 Prozent von ihnen bereit, in einem vollautomatisierten Fahrzeug mitzufahren. Dagegen lehnen 33 Prozent so etwas komplett ab und 29 Prozent äußern sich in dieser Hinsicht unsicher.
Mehr Sicherheit bei KI-Anwendungen versprechen sich 81 Prozent der für die TÜV-Studie Befragten von unabhängigen Prüfungen, bevor entsprechende Produkte auf den Markt kommen dürfen. Und 79 Prozent fordern Sicherheitsprüfungen von KI-Produkten auch dann, wenn diese bereits auf dem Markt sind. Vor allem bei sicherheitskritischen KI-Anwendungen hält Stenkamp unabhängige Prüfungen im laufenden Betrieb für notwendig, so etwa bei Fahrzeugen oder Geräten der Medizintechnik. Denn auch KI-gestützte Produkte könnten mit der Zeit „verschleißen“ bzw. in ihrer Wirkung beeinträchtigt sein, argumentiert der Präsident des TÜV-Verbands – wie beispielsweise Assistenzsysteme in Autos. Stenkamp sieht ein weiteres Problem darin, dass KI-Produkte ihre Eigenschaften veränderten, wenn mit einem Software-Update neue Funktionen aufgespielt würden. Dann sei eine Neubewertung der Sicherheit notwendig, meint er.
Zusammenfassend und mit Bezug auf die Ergebnisse seiner Studie postuliert der TÜV, dass KI-Systeme, von denen ein hohes Risiko ausgeht, grundsätzlich von unabhängigen Dritten geprüft werden sollten.
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